Das VRlab (Rainer Konrad, Deutsches Museum Digital)
Digitale Technologien in der musealen Vermittlung einzusetzen, stellt Museen vor eine große Herausforderung und bietet gleichzeitig die Chance Inhalte gebündelt und gezielt zu vermitteln und Museen auch online erlebbar zu machen. Im Verbundprojekt museum4punkt0 stellen sich siebzehn, über ganz Deutschland verteilte, Museen dieser Herausforderung; testen und evaluieren Einsatzmöglichkeiten digitaler Technologien, um so die Digitalisierung in die Museumswelt zu tragen.
Das Deutsche Museum widmet sich im Rahmen von museum4punkt0 den Perspektiven dreidimensionaler Visualisierungen in der musealen Vermittlung. Dabei wird der gesamte Prozess der 3D-Visualisierung berücksichtigt, vom Scan kleiner und großer Exponate, über die Aufbereitung von 3D-Inhalten in Extended Reality-Angeboten (wie z.B. Virtual und Augmented Reality) bis hin zu Digital Storytelling und Betriebskonzepten.
In unseren vier Projektschwerpunkten widmen wir uns dabei unterschiedlichen Themenbereichen. So evaluieren wir im 3D-Scan Labor verschiedene Scanmethoden, um herauszufinden, welche Scan-Verfahren sich für welche Ausstellungsobjekte eigenen. Im Sinne der Nachnutzung sollen zudem alle Digitalisate veröffentlicht werden. Virtual Reality und Augmented Reality ermöglichen es die digitalisierten Objekte erlebbar zu machen. Das VRlab nutzen wir ganz bewusst als Experimentierfläche in der Besucher*innen in virtuelle Welten eintauchen können und wir das Besuchserlebnis, Betriebs- und Vermittlungskonzepte testen und evaluieren zu können. Im Bereich AR arbeiten wir an einer Möglichkeit Augmented Reality für Museen und andere Kultureinrichtungen einfacher zugänglich zu machen. Und mit dem Online-Kursprogramm Meaning Making erproben wir neue Wege Online-Ausstellungen co-kreativ zu gestalten.
Erste Projektphase
Bereits seit 2017 ist das Deutsche Museum Teil des Verbundprojekts museum4punkt0 mit dem Fokus auf die Entwicklung innovativer Konzepte zur Wissensvermittlung durch die 3D-Digitalisierung und –Visualisierung musealer Objekte.
Mit der Eröffnung des VRlabs 2018 konnten wir verschiedene Betriebs- und Vermittlungsformate sowie neue technologische Entwicklungen testen. Auf insgesamt 120 Quadratmetern können Besucher:innen die Dampfmaschine der Gebrüder Sulzer, den Benz-Motorwagen, den Lilienthalgleiter sowie die Apollo 17 Mission virtuell entdecken. Die Szenen sind in Kooperation mit der Firma VR-Dynamix entstanden und werden aktuell umfassend überarbeitet. Die Erfahrungen, die wir im Aufbau und Betrieb sowie in der Interaktion mit den Besucher:innen gemacht haben, haben wir dokumentiert und evaluiert. Neben einem ausführlichen Bericht haben wir unsere Erkenntnisse auch grafisch festgehalten. Hierdurch soll das gewonnene Wissen für andere Museen und Kultureinrichtungen noch leichter nachnutzbar sein.
Virtual Reality im Museum (Andrea Geipel, Joyce Moore, Clara Sayffaerth; Deutsches Museum Digital)
Mit Hilfe der Grafik wird sichtbar, dass es sich bei VR- aber auch AR-Stationen nicht um reine Medienstationen handelt, sondern dass vielmehr die Planung von VR- und AR-Stationen der Planung und Umsetzung von Ausstellungen selbst ähnelt. Zur Gestaltung wurden die gesammelten Daten in die Bereiche Infrastruktur, Betriebs- und Vermittlungskonzept geclustert. Innerhalb der Bereiche finden sich nah am Zentrum gelegene Fragen, die zu Beginn der Planung von VR-Stationen im Museum gestellt werden sollten. Diese werden dann nach außen hin immer detaillierter und spezifischer. Die Grafik vermittelt so auf einen Blick, wie umfassend die Integration von VR auf der Ausstellungsfläche gedacht werden muss. Gleichzeitig lässt sie möglichst viel Spielraum um eigene Entscheidungen und Ergänzungen zu integrieren.
Wir haben uns allerdings nicht nur mit VR beschäftigt, sondern auch unterschiedliche AR-Projekte umgesetzt. So wurde 2019 im Zuge der Sonderausstellung „Kosmos Kaffee“ die gleichnamige AR-App in Kooperation mit fluxguide veröffentlicht und im Anschluss evaluiert. Zusätzlich entstanden in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Universitäten sowie im Rahmen eines AR-Wettbewerbs für Klein- und Mittelständige Unternehmen zahlreiche AR-Prototypen – hierzu zählt z.B. die Augmentierung eines Dioramas, die spielerisch Einbindung von AR in den Ausstellungsraum sowie AR als Navigationstool. Die so gesammelten Erfahrungen sind wiederum in eine zweite Grafik eingeflossen. Hiermit wollen wir Museen und andere Kultureinrichtungen bei ihrem Entscheidungsprozess unterstützen, wenn sie Extended Reality Angebote in ihre Ausstellungen einbinden wollen.
3D-Visualisierung im Museum? (Andrea Geipel, Clara Sayffaerth, Franziska Unger; Deutsches Museum Digital)
Entlang der einzelnen Pfade werden so Hinweise gegeben und Tipps, welche virtuellen Vermittlungsformate sich unter den unterschiedlichen Bedingungen anbieten.
In Ergänzung zum VRlab wurde zudem ein 3D-Scan Labor eingerichtet, indem wir bereits erste Tests mit unterschiedlichen Scanverfahren und Objekten durchführen konnten. Damit haben wir eine erste Grundlage geschaffen, um Kriterien zu definieren, die bei der Entscheidung zur Anschaffung eines Scansystems helfen sollen. Dabei wird auch auf die einzelnen Bearbeitungsschritte jenseits der eigentlichen Scansoftware eingegangen, um die 3D-Modelle für bestimmte Einsatzszenarien aufzubereiten.
Ganz am Ende der ersten Projektphase entstand dann noch als Folge der Corona-Pandemie das Online-Kursprogramm „Meaning Making during a Pandemic“. Darin richten wir uns an internationale Museumsmitarbeiter:innen, freie Kulturvermittler:innen, Wissenschafts- und Kulturjournalist:innen und andere, um das Thema Digital Storytelling aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.
Und in der aktuellen Projektphase bauen wir auf all diesen Erfahrungen auf.
Aktuelles
Im Bereich Augmented Reality wird gerade ein Konzept einer AR-App auf Grundlage von Prototypen, Interviews und Workshops umgesetzt. Sie soll die technischen und konzeptionellen Schwerpunkte rund um das Thema AR anhand von Beispielen lehren und erfahrbar machen.
Das VRLab freut sich darauf im Sommer nach einer langen Coronapause endlich wieder Besucher:innen begrüßen zu können. Als großes Highlight werden im Herbst 2021 die aufbauend auf der Evaluierung 2019 die überarbeiteten VR-Sequenzen veröffentlicht. Zudem sind verschiedene Gastprojekte bis Ende des Jahres geplant.
Das Meaning Making Programm ist Anfang des Jahres in die 3. Staffel gestartet und beschäftigt sich in diesem Jahr mit den Themen Co-Kuratierung, Nachhaltigkeit und Online-Ausstellungen. Der erste Workshopssprint wurde im Frühsommer abgeschlossen. Bald darf man sich also auf die Eröffnung der ersten Online-Ausstellungen freuen. Der 2. Workshopsprint startet bereits im Herbst.Und schließlich passiert auch viel im 3D-Scan Labor. Wir haben die Schlagzahl erhöht und scannen fleißig Objekte. Gleichzeitig wird der neue 3D Scanner auf Herz und Nieren geprüft und eine Bedarfsanalyse durchgeführt.
Das Zusammenspiel von AR-/VR-Angeboten, Digital Storytelling und 3D-Scanverfahren (links: Gabriel von Münchow, Comic Mitte: © Azam Masoumzadeh, Gabriel von Münchow: 74585_Elektrometer)
Weitere Informationen zum Projekt sowie zu den von weiteren Verbundpartner betreuten Teilprojekte finden sich auf der Projektseite: www.museum4punkt0.de.