Nach dem Erreichen eines aussichtsreichen Fanggebiets im weitläufigen Eismeer musste man den Wal erst einmal sichten. Hierzu wurde ein Fernrohr verwendet. Ein Walfänger im Ausguck des Schiffs konnte die Walart an „Fontäne“ (Blas, früher Spaut) und Schwanzform erkennen und dann die Mannschaft an Deck rufen.1 Bei Grönlandwalen kann der Blas bis zu vier Meter hoch sein und ist daher bei klaren Sichtverhältnissen mit bloßem Auge von Weitem zu sehen.
Mit Ruderbooten und ihren Handharpunen fuhren die Walfänger bis Ende des 19. Jahrhunderts zum Wal, sobald sie ihn sichteten. Bei diesem nordamerikanischen Ruderboot „Beetle“ – als Modell im Deutschen Museum – konnte auch ein Mast mit Segel aufgestellt werden. Das von vier Männern beruderte Boot wurde vom Steuermann mit einem langen Riemen gesteuert. Der Harpunier konnte sich am Bug auf eine kleine Plattform stellen, um beim Werfen der Harpune gegenüber dem Wal erhöht und fest zu stehen. Die bis zu 300 Meter lange Harpunenleine wurde an einem dicken Holzpflock am Bug festgeknotet. Notfalls konnte sie mit zwei griffbereit liegenden Beilen gekappt werden, wenn sie beim Auslaufen den Harpunier mit sich riss oder wenn der Wal unter Eisschollen tauchte und das angeleinte Boot Gefahr lief, in Kürze zu zerschellen. Auch Flaggen lagen griffbereit, mit denen der Mannschaft an Bord des Segelschiffs signalisiert wurde, ob der Wal erlegt werden konnte oder nicht.
Bei der Jagd auf den Wal kamen im 18. und 19. Jahrhundert verschiedene Gerätschaften zum Einsatz: Harpunen, Lanzen, Speckstecher und Flensmesser. Zunächst wurde mit Handharpunen gejagt.
Beim Speckhaken handelt es sich um eine eiserne Handharpune mit Holzstiel.
Auch auf der nordfriesischen Insel Föhr wurden leicht biegsame Harpunen aus Eisen geschmiedet. Sie waren von zumeist guter Qualität und wurden daher nach England und in die Niederlande exportiert.2
Da die Hersteller ihre Harpunen mit Namen oder Herstellerkürzel versahen, war es Walfängern im 19. Jahrhundert möglich, die Routen bestimmter Wale durch die Weltmeere zu verfolgen. Diese waren zuvor ihrer Tötung, nicht jedoch ihrer Harpunierung entkommen.3 Aufgrund der langen Lebensdauer von Walen stammten einige Harpunen von längst verstorbenen Herstellern.
Wir kamen mit allen Schaluppen der beiden Schiffe, zwölf an der Zahl, herbei und umringten den Fisch, der fast beständig über dem Wasser blieb (das heißt mit dem halben Körper) und schossen drei Harpunen an ihn fest, konnten aber nicht gehörig an ihn kommen, um ihn zu lensen oder totzustechen, denn er schlug mit dem Schwanz so unbändig, dass man sich ihm nicht nahen durfte. Wenn er einen Augenblick ausruhete und stille lag, bekam er wohl einige Lensenstiche, allein er war so wütend, dass er noch zwei Schaluppen entzweischlug. Endlich wurde er matt, fing an Blut zu blasen und wir stachen den Fisch tot.“
Dem Grönlandwal wird mit Lanzen (Lensen) hinter die Atemlöcher gestochen, bis er Blut aus beiden bläst, sich auf den Rücken rollt und stirbt.
Der Pottwalzahn des Deutschen Museums wurde poliert und dann fein mit dem Bild eines Pottwals graviert, den ein gemustertes Band umrankt und über dem in einem kleineren Schriftband der Hinweis „POTTWHAL“ steht. Unter dem Wal sind eine doppelflügelige Harpune („Bartharpune“) und eine einflügelige Harpune dargestellt, mit denen auf Walfang gegangen wurde. Unter diesen wurde die Jahreszahl 1810 eingraviert. Die mit einer Nadel gravierten Motive wurden anschließend mit orangebraunen und schwarzen Farbmitteln eingefärbt. Hierbei könnte es sich um Tinten gehandelt haben, was jedoch für dieses Exemplar noch nicht untersucht wurde.4
Mehr über den Fang und die Tötung der Wale:
Harpunengewehre wurden geschultert und aus den Booten abgeschossen.
In England wurde die Harpunenkanone erfunden und 1731 erstmals auf einer Grönlandfahrt eingesetzt. Sie verbreitete sich aber erst seit 1837. Mit ihr ließ sich der Wal aus größerer Entfernung harpunieren und an das Boot ziehen, um ihn dann zu töten. Seit 1868 entwickelte der Norweger Svend Foyn (1809–1894) eine kombinierte Granatharpune, die eine wesentlich höhere Reichweite und Wucht hatte und vom Schiff aus abgeschossen wurde.5 Sie explodierte im Körper des Wals. Dabei öffneten sich Widerhaken, um eine feste Verbindung zwischen dem Walkörper, der Leine und dem Boot herzustellen. Der Wal musste nun zwar nicht mehr so lange leiden, hatte aber auch keine Chance mehr, durch Flucht zu überleben.
Literatur zum Walfang
Cornelis de Jong: Scrimshaw auf dem Unterkiefer eines Pottwals in Bloemfontein, Südafrika. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv 14 (1991), S. 257–262.
Jens Jacob Eschels: Lebensbeschreibung eines alten Seemannes von ihm selbst und zunächst für seine Familie geschrieben (1835). Husum 2014.
Jan I. Faltings: Föhrer Grönlandfahrt im 18. und 19. Jahrhundert und ihre ökonomische, soziale und kulturelle Bedeutung für die Entwicklung einer spezifisch inselfriesischen Seefahrergesellschaft. Husum 2011 (Schriftenreihe des Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museums, N.F., Heft 25).
Felix Lüttge: Auf den Spuren des Wals. Geographien des Lebens im 19. Jahrhundert. Göttingen 2020.
Joachim Münzing: Der historische Walfang in Bildern. Herford 1987 (Sammlungen des Altonaer Museums in Hamburg, Heft 13).
1 Hierzu näheres bei Faltings 2011, S. 144–147. Lüttge 2020, S. 185–187.
2 Faltings 2011, S. 50f.
3 Genaueres zur Dokumentation bei Lüttge 2020, S. 10–15.
4 de Jong 1991, S. 259, gibt ostindische Tinte oder eine andere schwarze Farbe für eine Scrimshaw-Arbeit auf einem Pottwal-Unterkiefer an.
5 Tjernshaugen 2019, S. 23. Dort mehr zur vorherigen Entwicklung und dem brutalen Tötungsvorgang, S. 23–29.